Maguu – Ein Tag auf dem Dorf

Am Samstag hatten wir nicht wie sonst frei, sondern mussten ganz in Gegenteil schon um sieben Uhr pünktlich an der Arbeit sein. Grund dafür war ein Projekt, bei dem wir an diesem Tag helfen sollten. Erin, eine Amerikanerin, leitet ein Projekt in Tanzania, das sich auf ressourcensparende Öfen spezialisiert hat. Es geht darum, die traditionellen 3-Stein-Öfen durch holzsparende Öfen zu ersetzen. In Indien gibt es diese Öfen schon lange, dort scheinen sie ein großer Erfolg zu sein. Nun sollen diese Öfen auch in Tanzania und Kenya eingeführt werden. Doch das Ziel des Projektes ist nicht, einfach so viele Öfen wie möglich zu verkaufen (wie ich es am Anfang verstanden hatte), sondern zum einen herauszufinden, ob diese Öfen auch hier akzeptiert werden und zum anderen wieviel Holz diese einsparen. In den vergangenen zwei Wochen ist ihre Organisation (ich weiß leider den Namen nicht) bereits durch die Dörfer gezogen und hat den Holzverbrauch der klassischen 3-Stein-Öfen gemessen, am Samstang sollten dann die Öfen verteilt werden. Dabei waren wir Vertreter von Zara Solar und damit die “Verkäufer” der Öfen. Da es vier Gruppen in vier Dörfern gab, wurden wir aufgeteilt und ich fuhr mit zwei tansanischen Mitarbeitern nach Maguu. Schon die einstündige Fahrt dorthin war sehr schön und hätte sich selbst gelohnt, wenn wir einfach wieder umgedreht hätten. Die Straße ging miten durch die Steppe, ab und zu kamen kleinere Dörfer und immer wieder gab es so Felsenhaufen, wie ihr auf dem Foto sehen könnt.

Einer von vielen Felshügeln in der Region

Dort angekommen fing auch gleich die Arbeit an. Wir hatten insgesamt 19 Öfen, mussten also zu 19 Familien. Bei jeder führten wir ein Interview durch: Wir wollten wissen, was es zu essen gab, wieviele Leute mitgegessen haben und wie sie kochen. Anschließend mussten wir den Holz- und Kohleverbrauch sowie den Feuchtigkeitsgehalt des Holzes messen. Schließlich bekamen die Familien ihre neuen Öfen und wir zeigten ihnen, wie sie funktionieren. Nachdem wir für die erste Familie eine Stunde gebraucht haben, dachte ich, das dauert ja ewig. 1 Familie 1 Stunde – 19 Familien, 19 Stunden!!! Doch zum Glück ging es schneller, schließlich wollten wir am selben Tag noch fertig werden. Am Anfang hielt ich mich noch sehr zurück, da ich nicht wusste, wie das alles funktioniert. Dadurch dachten die Leute, ich könnte gar kein Kiswahili und redeten auch nicht mit mir. Nach ein paar Familien dachte ich, so kann das nicht weitergehen und habe versucht, Gespräche aufzubauen. Und tatsächlich, sofort fingen sie an, von sich zu erzählen, mir Fragen zu stellen und sich mit mir zu unterhalten! So fing ich auch an, immer mehr Aufgaben zu übernehmen, und wurde vom störenden weißen Zuschauer, der ich anfangs zweifellos war, zum konstruktiven Mitarbeiter. Als Leonard (mein Begleiter) dann einmal zurück musste, um einen defekten Ofen auszutauschen, und plötzlich 20 Tanzanier vor mir standen und wissen wollten, wie sie den Ofen anmachen, war ich dann aber doch überfordert und heilfroh, als Leonard 5 Minuten später wieder kam.

So wurde alles allmählich zur Routine, Holz wiegen, Kohle wiegen, Feuchtigkeit messen, Ofen aufbauen, Geld einsammeln, den Ofen erklären. Als wir dann alle 19 Familien abgearbeitet hatten war es auch schon vier Uhr und wir waren alle drei fertig von der Arbeit und froh, alles geschafft zu haben. Dennoch wurde mir nie langweilig, denn man lernte mit jeder Familie immer neue Leute kennen, die teilweise etwas komische Ansichten hatten. So erklärte mir eine alte Frau, dass alle Weißen, besonders die Amerikaner, böses im Schilde führen würden und sie ausnutzen wollen. So etwas den Mitarbeitern eines amerikanischen Projektes zu sagen, fand ich schon merkwürdig und versuchte natürlich gleich zu relativieren. Sie sah auch ein, dass es durchaus gute Amerikaner gab, aber “the good people don’t have power, they don’t have guns”. Sie erklärte mir dann noch “In life, you have two goals: god or the devil; and now, the devil is all over the world”. Natürlich traute sie uns nicht und forderte uns auf, den Ofen gleich anzumachen, damit sie sehen kann, dass er auch wirklich funktioniert.

So fuhren wir alle total geschafft nach Hause, wo wir uns mit den anderern Mitarbeitern wiedertrafen und zusammen zu Abend aßen. So war dies für mich ein sehr erfolgreicher Tag, ich habe viel zu sehen bekommen und habe sehr viel Kiswahili reden – und lernen – können. Total müde fiel ich glücklich in Bett – aber natürlich erst, nachdem ich meine tägliche Vokabelrunde beendet hatte.

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Eine Antwort zu Maguu – Ein Tag auf dem Dorf

  1. Dr. B. Hofmann-Mildebrath schreibt:

    Liebster Till,
    jetzt endlich habe ich geschnallt wie das System funktioniert – hoffentlich. Ich freue mich sehr, über diese vielen interessanten Erfahrungen, die du machst, zu lesen.
    Lass es dir sehr gut gehen!!
    Liebe Grüße aus Krefeld
    Brigitte

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